Wenn wir nichts bereuen - Anika - Poesie und Texte - Stuttgart

Wenn wir nichts bereuen

Ich streife mit den nackten Füßen durch die taufrische Wiese und stelle meinen doppelten Espresso auf dem kleinen Gartentisch ab, der in der Ecke neben dem Bambus steht. Zwei Bienen lassen sich auf dem Rand des Brunnens nieder. Ich sehe zum Himmel und schließe die Augen. Ich atme tief ein, als wäre das mein erster Atemzug seit langer Zeit. 

Ich bin etwas wehmütig und bereue. Bereue es, den Sommer im letzten Jahr nicht noch mehr genossen zu haben. Ich saß eine Weile in meiner Blase, die sich aus Schmerz weiter aufblähte. Durch sie hindurch konnte ich nur wie durch ein Milchglas sehen und jedes Geräusch klang dumpf, wie das leise pochen meiner Schläfen. Als säße ich auf einem Fels und betrachtete aus weiter Ferne die Schönheit der ersten Sonnenstrahlen im Frühling und das leise Erwachen der Blumen, die an Farbkraft verloren hatten.
Doch jede Reue hilft heute nicht, außer mehr Schmerz und ich bin hier. Ich spüre den Sommer unter meinen Füßen und der Wind kitzelt meine Nasenspitze. Ich lache leise auf und erschrecke mich selbst vor dem Geräusch, das aus meine Kehle stammt. Ich lache laut auf. Guten Morgen, Frühling.

Ich schreibe von letztem Sommer, mit ein bisschen Poesie und weniger Reue - wespeakinsilence-anika

Eigentlich bin ich kein Morgenmensch, rede nicht viel vor meinem ersten Kaffee. Aber hier, hier kann ich am Morgen gut sein, jedes Vogelzwitschern wahrnehmen und sehen, wie die Bäume grüner werden. Wir stehen in einer Oase aus Wundern, die einst einfach so an uns vorüberzog. Ich bleibe noch eine Weile hier stehen und genieße, bis ich nichts mehr bereue. Weder das Gestern noch letzten Sommer. Weil alles gut ist, wie es war. Weil zu bereuen, nichts mehr ändert, sondern nur die Erinnerung schmälert an das, was schön war in sich.

Also lasse ich das Bild, wie es war. Hänge es behutsam an die Wand zurück, wo es war, als ich die weiße Leinwand mit Erinnerungen bemalte. Urlaub, Meer und Sonne auf der Haut. Spiele spielen am Strand und beinahe die Karten im Wind verlieren. Dabei sehen sie so schön aus, wenn sie darin tanzen.

Mein Herz hüpft bei dem Gedanken an das salzige Nass. Denn noch bevor ich sehe, höre ich und fühle mich Zuhause, hier bei den tosenden Wellen. Vergesse um mich herum, und springe wie ein Kind. Es ist mir egal, was du denkst. Denn ich bin daheim. Ich spüre festen Boden unter den Füßen und der Treibsand hat mich losgelassen, zieht mich nicht länger zurück.

„Könnt ihr sehen, wie schön das ist?“ Du gluckst und drückst meinen Arm. Ich weiß, dass das deine stille Zustimmung ist. Und ich bin hier.

Ja, alles ist gut so wie es war, wie es ist.

Ich nippe an meinem Espresso, kalt. Aber das stört mich nicht. Ich lächle und das reicht für den Augenblick.

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